
„Das Jahrzehnt der Metalle hat begonnen“

„Aurubis Performance 2030 – Forging resilience. Leading in multimetal“ – mit einer überarbeiteten Strategie wird Aurubis die Chancen der Megatrends konsequent für sich nutzen. Im Interview geben die vier Aurubis-Vorstände Einblicke zu den Hintergründen, Herausforderungen und weitere Wachstumsoptionen. Sie sprechen über Innovationen und die Rolle von Aurubis in Europa und den USA – und zeigen, wie das Unternehmen die Zukunft aktiv gestaltet.
Herr Dr. Haag, werfen wir einen Blick zurück – wie bewerten Sie das abgelaufene Geschäftsjahr?
Dr. Toralf Haag Ich bin stolz darauf, was wir als Unternehmen – mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern – erreicht haben, denn wir hatten uns viel vorgenommen. Wir stärken die Arbeits- und Werkssicherheit, legen einen klaren Fokus auf unser Kerngeschäft, steigern die Effizienzen im Hüttennetz und erwirtschaften in einem dynamischen Marktumfeld solide Ergebnisse im Rahmen der Prognose. Gleichzeitig setzen wir laufende strategische Projekte im vorgegebenen Zeit- und Budgetrahmen um und haben unsere Multimetall-Strategie überarbeitet, um letztlich das Vertrauen bei unseren Stakeholdern wahrnehmbar weiter zu stärken.
Und wo sehen Sie Aurubis 2030?
Dr. Toralf Haag Als führenden Multimetall-Produzenten mit starker Basis in Europa und Nordamerika sowie einem klaren Fokus auf einer verantwortungsvollen Konzentratverarbeitung und Recycling. Wir sind entschlossen, unsere Position als führender Kupfer- und Multimetall-Produzent zu stärken, indem wir Branchenstandards für eine nachhaltige und effiziente Produktion setzen. Viele unserer Metalle sind technisch und strategisch unverzichtbar, sie bedienen wichtige Megatrends. Gleichzeitig verfügen wir über ein Alleinstellungsmerkmal, das sich aus klaren Wettbewerbsstärken – wie unser einzigartiges Hüttennetzwerk, unsere integrierte Produktion und unser resilientes Geschäftsmodell – zusammensetzt. Wir werden zeigen, dass Industrie in Europa Zukunft hat.

„Wir sind entschlossen, unsere Position als führender Kupfer- und Multimetall-Produzent zu stärken. Wir werden zeigen, dass Industrie in Europa Zukunft hat.”
— Dr. Toralf Haag, CEO
Welche Megatrends treiben die Nachfrage nach Metallen?
Dr. Toralf Haag Elektrifizierung, Energieinfrastruktur, Verteidigung und Sicherheit, künstliche Intelligenz und Datencenter – all dies benötigt große Mengen an Kupfer und anderen Metallen, die wir produzieren. Bis 2035 sollen mehr als 200.000 neue Windturbinen gebaut werden, mit je bis zu 40 t Kupfer, zudem ist die Errichtung von über 1.000 neuen Hyperscale-Rechenzentren geplant, die jeweils einen Bedarf von bis zu 30.000 t Kupfer für Strom und Kühlung haben. Auch die weltweit steigenden Verteidigungsausgaben fließen in Industrien, die auf unsere Metalle setzen. So rechnen Marktanalysten in den kommenden zehn Jahren mit einem Nachfrageanstieg von rund 26 % bei Gold, 40 % bei Zinn und 82 % bei Tellur – um nur einige zu nennen. Bis 2050 soll sich die Nachfrage nach dem roten Metall Kupfer sogar verdoppeln. Das Jahrzehnt der Metalle hat begonnen – und wir sind bestens positioniert.
Wo steht Aurubis bei der Umsetzung seiner aktuellen Investitionsagenda?
Dr. Toralf Haag Wir sind sehr gut unterwegs. Wichtige strategische Investitionsprojekte haben wir schon in Betrieb genommen, weitere folgen dieses und nächstes Geschäftsjahr. Mehr als 75 % der geplanten Mittel von rund 1,7 Mrd. € haben wir bis Ende September in konkrete Projekte überführt. Mit der überarbeiteten Strategie „Aurubis Performance 2030 – Forging resilience. Leading in multimetal.“ werden wir nun die Früchte daraus ernten und die Renditen realisieren. Im Fokus steht der Ausbau beider Geschäftszweige – Primärkupfererzeugung und Recycling. Wir konzentrieren uns geografisch auf Europa und die USA, weil wir in diesen Regionen bestens positioniert sind und lokale Wertschöpfungsketten aktiv mitgestalten können. Ab 2028/29 wollen wir aus den strategischen Projekten jährlich weitere 260 Mio. € EBITDA generieren.

„Mit unserer Multimetall-Strategie entwickeln wir alle Standorte im Hüttenverbund sinnvoll weiter.”
— Inge Hofkens, COO Multimetal Recycling
Frau Hofkens, welches ist für Sie das wichtigste Projekt im Bereich Recycling?
Inge Hofkens Mit unserer Multimetall-Strategie setzen wir nicht auf das eine Projekt, wir entwickeln alle Standorte im Hüttenverbund sinnvoll weiter. Gleichzeitig optimieren wir laufend die Materialströme und investieren in modernste Technologien. So maximieren wir die Ausbringung der Metalle. In Bezug auf das Investitionsvolumen sticht unser neuer Standort in den USA heraus. Mit der ersten Sekundärhütte für komplexe Recyclingmaterialien in den Vereinigten Staaten haben wir einmalige Kapazitäten geschaffen.
Hat der Markt Potenzial für weiteres Wachstum in den USA?
Inge Hofkens Absolut. Wir haben nun eine ideale Ausgangsposition, um noch stärker vom attraktiven US-Markt zu profitieren. Die USA benötigen etwa 2 Mio. t Kupfer pro Jahr. Da aktuell die Hälfte davon importiert wird, besteht eine hohe Abhängigkeit vom Ausland, insbesondere von Südamerika. Mit unserem neuen Standort in den Vereinigten Staaten sind wir Teil der Lösung, die Abhängigkeiten der USA zu reduzieren.
Wie sieht es in Europa mit dem Ausbau des Recyclings aus?
Inge Hofkens 2026 geht in Hamburg eine innovative Recyclinganlage in Betrieb. Wir werden mit ihr deutlich komplexere Recyclingmaterialien verarbeiten können – also nicht nur reinen Kupferschrott, sondern Elektronikschrott oder Leiterplatten, die verschiedene Metalle enthalten. In Beerse haben wir letztes Jahr eine innovative Recyclinganlage eröffnet, um mehr Edelmetalle, Blei und Zinn aus komplexen Anodenschlämmen zurückzugewinnen. Und Ende 2024 erfolgte die Inbetriebnahme einer Anlage zur verbesserten Behandlung der Elektrolytflüssigkeit aus dem Elektrolyseprozess am Standort Olen zur Rückgewinnung von mehr Kupfer und Nickel. Wir investieren also auch in Europa kräftig in die Kreislaufwirtschaft.

„In fast 160 Jahren haben wir einzigartige Fähigkeiten entwickelt, mit komplexen Rohstoffen umzugehen.”
— Tim Kurth, COO Custom Smelting & Products
Herr Kurth, was macht Aurubis besser als der Wettbewerb?
Tim Kurth Zu unseren Wettbewerbsvorteilen gehört unsere Kompetenz, 20 Metalle und Elemente auszubringen. In fast 160 Jahren haben wir einzigartige Fähigkeiten entwickelt, mit komplexen Rohstoffen umzugehen. Wir tun dies mit der Ambition, höchste Rückgewinnungsraten zu erzielen, denn wir wollen jegliche Einsatzmaterialien in marktfähige Produkte überführen. Dadurch sind wir auch in der Lage, unseren Kunden ein hohes Maß an Produktqualität und Liefersicherheit zu bieten. Gleichzeitig gestalten wir unsere Produktion besonders umweltverträglich: Innerhalb unserer Branche verfügen wir über einen besonders niedrigen CO₂-Fußabdruck – bei Kupfer liegt dieser mehr als 60 % unter dem globalen Durchschnitt aller Kupferhütten. Wir grenzen uns damit klar vom globalen Wettbewerb ab.
Was tun Sie, um das Kerngeschäft der Konzentratverarbeitung fit für die Zukunft zu machen?
Tim Kurth Wir investieren in Anlagen, Prozesse und Know-how. In Hamburg und Bulgarien haben wir im letzten und in diesem Jahr die größten geplanten Wartungsstillstände in unserer Geschichte durchgeführt. Ein anderes Beispiel sind die neuen Anodenöfen in Hamburg, die erstmals „H2-ready“ sind und damit fit für das Wasserstoffzeitalter. Wir beseitigen konsequent Engpässe in unseren Produktionsschritten und nutzen modernste Technologien, wie digitale Zwillinge, um die Produktionssteuerung und -planung zu optimieren. So schaffen wir beste Voraussetzungen für hohe Materialdurchsätze und Produktionsstabilität.
Das Thema Werkssicherheit hat für Aurubis einen besonderen Stellenwert: Wo steht Aurubis dort heute und wie geht es weiter?
Tim Kurth Neben der Arbeitssicherheit ist die Werkssicherheit eine unserer wichtigsten Prioritäten. Im vergangenen Jahr hatten wir keine signifikanten Vorfälle mehr. Dies beweist, dass unsere Maßnahmen greifen: Wir haben die Anzahl unserer Kameras in Hamburg mehr als verdoppelt, Sicherheitsdienste aufgestockt und Mitarbeiterschulungen intensiviert. Zudem setzen wir auf Drohnen mit Infrarotkameras zum Perimeterschutz. Außerdem haben wir am Standort Hamburg in eine hochmoderne, automatisierte Probenahmeanlage investiert. Die Maßnahmen werden nun auch auf andere Standorte ausgeweitet.
Welche Fortschritte konnte Aurubis bei der Lieferkettenverantwortung und Nachhaltigkeit erzielen?
Tim Kurth Wir investieren umfangreich in Dekarbonisierung und Umweltschutz – mehr als 1 Mrd. € seit dem Jahr 2000. Wir verfügen über einen hohen Recyclinganteil in der Kathode von rund 45 %. Und: Wir haben fast alle unsere Standorte durch die Copper Mark zertifizieren lassen – das Gütesiegel der Kupferindustrie, welches auf den 33 international anerkannten Nachhaltigkeitskriterien der Responsible Minerals Initiative basiert. Wir sind stolz, hier ein klares Zeichen für eine verantwortliche Produktion zu setzen. Die Art und Weise, wie wir uns für Nachhaltigkeit engagieren, schafft Vertrauen bei unseren Stakeholdern, sichert die langfristige Nachfrage und macht unsere Produkte zukunftsfähig.
Herr Hoffmann, Aurubis hat weitere Investitionen in das Batterierecycling angehalten. Warum?
Steffen Hoffmann Mir ist wichtig zu betonen: Wir haben eine sehr gute Technologie. Die Rückgewinnungsraten für die wertvollen Batteriemetalle, wie Lithium, liegen bei rund 95 % – ein Spitzenwert im Industrievergleich. Aber der Markt entwickelt sich viel langsamer als erwartet und regional sehr unterschiedlich. Deshalb haben wir beschlossen, unsere Ressourcen auf unser Kerngeschäft zu konzentrieren: die Verarbeitung von Primär- und Sekundärmaterialien und die Produktion von Kupfer und weiteren Zukunftsmetallen.
Aurubis hat eine klare Strategie und die Metallnachfrage ist stark – was beeinflusst aktuell die Prognose für das nächste Geschäftsjahr?
Steffen Hoffmann Die Nachfrage nach Kupferprodukten ist gut, Rückenwind spüren wir bei Erlösen aus dem Produktabsatz und dem Metallergebnis. Angespannter ist die Lage bei den Schmelzlöhnen, die globale Verfügbarkeit von Konzentraten wird herausfordernd bleiben, da in Asien viele neue Hütten entstanden sind. Dennoch: Wir werden auch künftig von unseren langfristigen Lieferverträgen mit Minenpartnern profitieren. Genauso wie von unserer Fähigkeit, stärker komplexes Material zu verarbeiten. Die verschiedenen Ergebnistreiber unseres Geschäftsmodells machen uns robust.

„Wir kombinieren Dividenden und fokussiertes Wachstum, um aus einer Position der Stärke heraus ein noch attraktiveres Unternehmen zu sein.”
— Steffen Hoffmann, CFO
Wie viel wollen Sie konkret im laufenden Geschäftsjahr erwirtschaften?
Steffen Hoffmann Wenn wir alle Faktoren berücksichtigen, prognostizieren wir einen Ergebniskorridor zwischen 300 und 400 Mio. €, also auf dem guten Niveau des Vorjahres. Zudem wollen wir im Geschäftsjahr 2025/26 wieder einen positiven Free Cashflow vor Dividende ausweisen.
Welche Rolle spielen Dividendenpolitik und finanzielle Spielräume für die Zukunft von Aurubis?
Steffen Hoffmann Eine wichtige. Denn wir wollen künftig weiter wachsen, wenn auch fokussierter als bisher, und eine attraktive Rendite für unsere Anteilseigner generieren. Wir streben für das Geschäftsjahr 2025/26 an, 30 % des bereinigten Konzernergebnisses als Dividende auszuschütten. Wir verfügen über eine starke Bilanz mit einer sehr geringen Verschuldung und einer entsprechend hohen Eigenkapitalquote von über 50 %. So wären auch Akquisitionen denkbar – diese stehen aber aktuell nicht im Fokus. Wir kombinieren Dividenden und fokussiertes Wachstum, um aus einer Position der Stärke heraus im Jahr 2030 ein noch attraktiveres Unternehmen zu sein.
Mehr Informationen zu den Lebensläufen der Aurubis-Vorstände finden Sie hier.